Das Saarland boomt – der regionale Tourismus wächst – die Ziele sind ambitioniert.
Auf der diesjährigen „Reisen und Freizeit Messe Saar“ (R&F) vom 28.02 bis 01.03. wurde dies einmal mehr deutlich. Eine Millionen Übernachtungen möchte man beispielsweise bis zum Jahr 2030 im Regionalverband Saarbrücken jährlich vorweisen. Die Messlatte liegt hoch – zu tun ist noch einiges.
Die dreitätige Messe, welche 2016 startete und nun zum dritten Mal in der Congresshalle in Saarbrücken stattfand, bot jedoch nicht nur Spannendes für den regionalen Besucher, auch der nationale und internationale Tourismus kam nicht zu kurz. Mit der Wallonie hatte man in diesem Jahr eine ganz spezielle Partnerregion und zu guter Letzt kamen auch Foto- und Fahrradliebhaber auf ihre Kosten.
R&F 2020 auf Wachstumskurs?
Über 120 Aussteller präsentierten sich in diesem Jahr und stellten somit einen neuen Ausstellerrekord auf. „Noch größer, noch individueller, noch innovativer. Das war unser Ziel für die Reisen & Freizeit Messe Saar 2020“, hieß es im Voraus seitens Ralf Kirch, Geschäftsführer der Saarmesse GmbH.
Dennoch mussten die Veranstalter rückblickend einen Rückgang der Besucherzahlen verzeichnen. So fanden laut SR statt den angepeilten „mindestens 12.000 Besuchern lediglich 8500“ den Weg zur Messe. Trotz der um ein Drittel niedrigeren Besucherzahlen zum vorherigen Jahr sei man mit dem Geschäftsverlauf zufrieden gewesen, so die Saarmesse GmbH.
Hausaufgaben im Saarlandtourismus
Zugegeben, Größe und Rahmen der Messe sind sicherlich noch ausbaufähig und nicht ansatzweise mit anderen Touristikmessen vergleichbar, was aber nicht minder auch dem Veranstaltungsort der Congresshalle geschuldet ist. Aber hier scheint sich ja mittelfristig glücklicherweise etwas zu ändern – Saarbrücken hätte es allemal verdient, auch nötig! Und so war auch dieses Thema eines neuen Congresszentrums präsenter denn je und wurde bei der offiziellen Eröffnung, welche mit einer Podiumsdiskussion zum Thema „Wirtschaftskraft Saar-Tourismus: Welches Potential hat die Destination Saarland?“ begann, mehrfach betont.
Hier kann man tatsächlich nur hoffen, dass die Stadt aus den Fehlern anderer Bauvorhaben gelernt hat und alle Kräfte bündelt, um möglichst zeitnah wieder einen einer Landeshauptstadt angemessenen und würdigen Veranstaltungsort zu bieten. Und so passte es dann auch, dass am Morgen des Eröffnungstags den Veranstaltern noch ein Wasserrohrbruch zu schaffen machte.
Bei der lebendigen Rednerrunde kamen aber auch weitere Aspekte zum Vorschein, insbesondere die immer wieder thematisierte Tourismustrategie 2025“, welche dem Saarland als Tourismusland „sukzessive höhere Akzeptanz bringen soll“.
Daher sah Oberbürgermeister Uwe Conradt, welcher in diesem Jahr seine Premiere als OB auf der Messe feierte, den Städtetourismus als „Chance für Region und Land“ an. Das Saarland zeichne sich vor allem durch „Humanität und Kultur“ aus.
Auch das Thema Nachhaltigkeit wurde angesprochen, ebenso verschiedenste Übernachtungs- und Umsatzzahlen präsentiert. Alles in Allem war man sich einig, dass das Saarland, laut Peter Gillo, Direktor des Regionalverbandes Saarbrücken ein „touristisches Schwerpunktland“ werden soll.
Regional, international und möglichst individuell
Trotz und gerade aufgrund der überschaubaren Größe der Messe lässt sich aber auch sagen – Masse ist nicht gleich Klasse! Daher kann und sollte der Fokus tatsächlich mehr auf Individualität liegen, dies ist sicherlich auch in vielerlei Hinsicht gelungen. So kam man als Besucher nicht daran vorbei, von diversen Ausstellern immer wieder angesprochen zu werden um möglichst kundenspezifische Angebote zu erhalten. Insofern passte es auch, dass wie in den Jahren zuvor auch ein großer Schwerpunkt auf regionalen Ausflügen lag. Denn was das Saarland ja ohnehin laut einer Meinungsumfrage gut kann, sei ‚Wandern‘.
Umfangreiche Angebote gab es auch in den Bereichen Wellness sowie Bäder- und Freizeitparkwochenenden. Aber auch nationale Trips und internationale Reisen waren weitere Hauptansatzpunkte, gefolgt von Wanderreisen und Kreuzfahrten.
Ausstellertechnisch zeigte die Messe erneut viele bekannte Gesichter, neben saarländischen Größen wie „Anton Götten Reisen“ präsentierten wie in den Jahren zuvor auch einige internationale Aussteller ihre Angebote. Sehnsucht nach Meer bekam man beispielsweise am Stand der Touristinformation aus Boulogne-sur-Mer, im Norden Frankreichs an der Côte d’Opale, nicht unweit von Lille entfernt, gelegen.
„Auf in die Welt“ – manchmal näher als gedacht
Die Partnerregion dieses Jahres lag quasi vor saarländischer Haustür und ist Teil der Großregion Saar-Lor-Lux: Die Wallonie im südlichen Belgien mit ihren umfangreichen Facetten in Bezug auf Kultur und Erholung, Natur und Musik, Gaumenfreuden und Wellness, wurde den Besuchern auf eindrucksvolle Weise nähergebracht.
Die wallonische Hauptstadt Namur erreicht man von saarländischer Grenze in weniger als drei Autostunden, sie ist somit mehr als nur ein Ziel für mehrtätige Reisen – auch einem spontanen Tagesaufenthalt steht nichts im Wege. Bekannt für ihr reiches Kulturerbe sowie ihre Romantik bietet die Stadt an den Flussufern der Maas und Sambre gleichzeitig auch Shoppingliebhabern ein besonderes Ambiente.
Spezialthemen und Messe-Newcomer
Neu in diesem Jahr war die erstmals präsentierte Fotomesse, welche bei den Besuchern rundum gut ankam. Über 20 Aussteller vertraten laut Messe Projektleiterin Caroline Rakete die Sparte Fotografie, welche sich im digitalen Zeitalter trotz der zunehmenden Neigung zur Smartphone-Fotografie weiterhin großer Beliebtheit erfreut.Darüber hinaus lag ein weiterer Schwerpunkt sowohl thematisch als auch flächenmäßig in der E-Mobilität und Fahrradausstellung.
Als größte E-Bike- und E-Roller-Ausstellung im Südwesten bot die Messe eine beachtliche Auswahl an Fahrrädern, E-Bikes aber auch erstmalig E-Scooter und E-Motorroller, welche selbstverständlich auch Probe gefahren werden konnten.
Kulinarisch wurde man wie im Jahr zuvor auch wieder vom Cafe „Fredrik“ versorgt. In dem Zusammenhang kam auch der Quattro Cup Kaffeebecher zum Einsatz, welcher bei den Besuchern auf positive Resonanz stieß.
Wermutstropfen Corona-Virus
Dass der Messe in diesem Jahr trotz dem umfangreichen Angebot viele Besucher fernblieben, lag wohl größtenteils an der Sorge einer Verbreitung des Corona Virus. Zwar gab es zum Zeitpunkt der Messe noch keinen nachgewiesenen Fall im Saarland und auch die Veranstalter versicherten: „Keiner der Aussteller aus dem In-und Ausland kommt aus gefährdeten Regionen“, dennoch hatte die öffentliche Debatte und die steigende Anzahl der Erkrankten hierzulande wohl deutliche Spuren hinterlassen.
Schon zuvor gab es eine Reihe von Messeabsagen und nicht zuletzt wurde am Tag der Eröffnung der R&F auch die weltweltgrößte Tourismusmesse ITB in Berlin, mit ihren jährlich rund 160.000 Messebesuchern und 10.000 Ausstellern aus über 180 Ländern, abgesagt.
Konzept zukunftsfähig?
Ob sich die Messe in den kommenden Jahren wieder wachsender Besucherzahlen erfreuen kann liegt auch entscheidend daran, ob man gesteckte Ziele und Visionen umsetzen kann.
So scheint die Landeshauptstadt mit der boomenden Hotelbranche und der damit wachsenden Zahl an Übernachtungsmöglichkeiten ohne Frage ein attraktives Ziel für Touristen zu sein. Nicht zuletzt auch aufgrund der Nähe zu Frankreich, Luxemburg und Belgien. Dennoch, muss das Saarland sich diese Vorzüge auch zu Nutze machen und Touristen entsprechende Möglichkeiten bieten. Dass man bisweilen bei Großveranstaltungen eher nach Luxemburg in die Rockhal reisen muss, ist nur einer von vielen Punkten, an denen man arbeiten sollte. Eine zeitgemäße Veranstaltungsstätte ist dementsprechend längst überfällig.
Ob das derzeitige Konzept der R&F auch weiterhin tragbar ist und spezielle Anreize setzt, darüber lässt sich ebenfalls streiten.
Zwar bot man mit der Fahrrad- und E-Mobilitätsausstellung nachhaltige Alternativen, dennoch wirkt vieles doch eher dem gängigen Bild der letzten Messejahre entsprechend. So wären innovative Ideen mit Sicherheit eine Möglichkeit, in den nächsten Jahren wieder mehr Besucher zu locken. Sich von „Altem, Bewährten“ zu trennen scheint oft einen großen Zwiespalt auszulösen, zu schwierig und riskant eine grundlegende Umgestaltung.
Doch genau damit könne man sich in Zukunft abheben, insbesondere in der heutigen Zeit, wo sich vieles aufgrund des Klimawandels und der damit einhergehenden Klimadebatte ohnehin ändern muss, wäre beispielsweise ein besonderes Augenmerk auf das Themengebiet der Nachhaltigkeit mit Sicherheit äußerst spannend. Gleichzeitig würde man ein wichtiges Zeichen setzen.
Auch in der Vermarktung der Messe ist ohne Frage noch Luft nach oben.
Bleibt zu hoffen, dass sich zeitnah etwas tut, nicht nur was die Messe angeht. Ansätze und Pläne sind da, das Potenzial der Stadt und Region ohnehin.
Jetzt heißt es: Anpacken!
Text und Fotos: Emanuel Ertel, 3. Semester Internationales Tourismus-Management